Geheimnisvoll kann sich die Bretagne präsentieren, wenn man sich nicht nur auf den üblichen Touristenpfaden, die in den Reiseführern genannt sind, bewegt. Und wenn man sich wirklich bewegt, das heißt, zu Fuß geht, um etwas tiefer in das Land einzudringen als es möglich ist, wenn man nur aus dem Auto oder dem Reisebus hüpft, um eine Touristenattraktion anzuschauen.
An der Mündung des Léguer, des Flusses, der die Stadt Lannion in zwei Teile teilt, gibt es zwei solcher geheimnisvollen Plätze. Viele bretonische Flüsse enden im Kanal mit einem breiten Mündungstrichter. Weiter im Westen, in Finistere, werden diese Trichter "Aber" genannt. Teilweise kann man sie schon fast mit Fjorden vergleichen.
Der Mündungstrichter des Léguer ist 9 km lang. Die Ufer sind steil und bewaldet. Bis Lannion wirken sich die Gezeiten aus. Vor Lannion ist es einfach ein nettes Flüsschen, dass gemütlich durch ein waldreiches Gebiet mit vielen kleinen Kirchen, einigen Schlössern und massenhaft Bauernhören fließt. In Lannion bedeutet der Fluss hauptsächlich, dass man Brücken braucht, um nach Süden zu gelangen, um die Bucht von Lannion herum zum Beispiel, Richtung Morlaix und Brest. Und wenn Ebbe ist, ist das Flussbett eine einzige schwarze ekelige Matschkuhle.
Wenn der Fluß Lannion wieder verlässt und weiter an steilen Hängen vorbei in den Ärmelkanal, in die Baie de Lannion, mündet, dann fließt das Wasser mal in die eine und sechs Stunden später in die andere Richtung.
Wenn der Fluß Lannion wieder verlässt und weiter an steilen Hängen vorbei in den Ärmelkanal, in die Baie de Lannion, mündet, dann fließt das Wasser mal in die eine und sechs Stunden später in die andere Richtung.
Am Ende, an den Spitzen, liegt auf der südlichen Seite Locquémeau mit dem Pointe de Dourven, im Trichter befindet sich das geheimnisvolle Yaudet mit seinem Kirchlein und der archäologischen Ausgrabungsstätte, von dem ich später berichten werde, und am Nordufer, oben auf den Klippen, das Örtchen Beg Leguer. Beg ist bretonisch und bezeichnet eine Landspitze. Die eigentliche Landspitze ist eine hohe Klippe. Unterhalb der Klippe, dem offenen Meer zugewandt, gibt es einen Sandstrand.
Ein Küstenweg unten entlang der Klippen führt nach Pors Mabo und weiter nach Trébeurden.
Ein Weg zweigt schon bald nach rechts ab und steigt steil hinauf. Dort oben befindet das Vallée de Goas Lagoarn, ein ganz besonderes Hochtal.
Die unteren Hänge sind noch offen zum Meer, ungeschützt dem Wind und der Gischt ausgesetzt. Dort wird nicht von den Menschen in die Natur eingegriffen. Deshalb wachsen hier Farne, Heide und einige sture Kiefern, krumm und schräg.
Oben, in den sanften Senken, die vor den Unbillen des offenen Meeres und des Windes geschützt sind, wurde das Gelände vor einigen Jahren so umgestaltet, dass es nachhaltig landschaftlich bewirtet werden kann und gleichzeitig der Natur freie Hand gegeben ist. Im Goas Lagoarn-Tal ist nur noch Viehzucht möglich, Äcker dürfen nicht mehr angelegt werden. Kühe, Ziegen, ein Pferd und ein Esel pflegen die Weiden, die von Hecken umsäumt sind. Die Bäche, die hier entspringen, wurden in ihre natürlichen Läufe zurückgeführt. Überall gluckert und rauscht es, frisches Quellwasser fließt durch das Tal. Ein Fest für den Hund, der seinen Durst stillen und herumplantschen kann.
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Baie de Lannion vom Aufstieg nach Goas Lagorn |
Große Höhe
Glücklich, oben angekommen zu sein und wieder einigermaßen eben gehen zu können zeigt eine Richtungstafel nach Rechts, einmal zum GR 34, dem Küstenwanderweg, der mehr oder weniger die ganze Nordküste entlang führt. Außerdem führt er zu einem Platz namens "Saint Thurien". Mitten im Wald?
An einer Wegkreuzung tauchen im Wald plötzlich Ruinen auf, die erst in den letzten Jahren wieder als solche zu erkennen sind. Die Heger und Pfleger des Tales haben sie von den Pflanzen befreit, gesäubert und teilweise auch wieder etwas aufgebaut. So gibt es Holzbalken über einem ehemaligen Raum, so wie früher die Decken gebildet wurden. Man sieht einen alten Ofen, in dem das Brot gebacken wurde. Man war weitgehend autark hier oben. Auch einen Brunnen gab es zwischen den Gebäuden.
An einer Wegkreuzung tauchen im Wald plötzlich Ruinen auf, die erst in den letzten Jahren wieder als solche zu erkennen sind. Die Heger und Pfleger des Tales haben sie von den Pflanzen befreit, gesäubert und teilweise auch wieder etwas aufgebaut. So gibt es Holzbalken über einem ehemaligen Raum, so wie früher die Decken gebildet wurden. Man sieht einen alten Ofen, in dem das Brot gebacken wurde. Man war weitgehend autark hier oben. Auch einen Brunnen gab es zwischen den Gebäuden.
Eine Tafel klärt auf. Es handelt sich um die "Ferme Krec'h Meur" - die Farm der großen Höhe. Na ja, vom Meer ausgesehen sind wir schon weit oben. Die Tafel erzählt, der Bauernhof war 1958 bereits aufgegeben worden, weil es sehr schwierig war, hier her an diesen sehr isolierten Platz zu gelangen.
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Ruinen im Wald |
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Ferme Krec'h Meur - in der hinteren Wand ist der Backofen zu sehen |
Die Geschichte vom Esel, der gerne spielt
Ich folge dem Weg weiter und gelange an einen Koppelzaun, in dem eine Barriere eingelassen ist, die Tiere auf der Koppel halten, Menschen sich jedoch durchschlängeln lässt. Hunde können unten hindurch.
Auf der Koppel sehe ich ein weißes Pferd und einen Esel. Der Hund schnuppert noch entlang des Weges. Ich gehe durch diese Barrikade und lande auf der anderen Seite auf einem Wiesenweg, der dem Koppelzaun folgt. Ich drehe mich nach meinem Hund um und sehe ein Drama.
Der Esel hat den Hund entdeckt und findet, er darf die Koppel nicht überqueren. Der Hund steht mit absolut entsetztem Gesichtsausdruck auf der anderen Seite. Er schaut mit flehend an. Ich rufe: "Komm!" Der Hund setzt sich in Bewegung, um unter der Holzkontruktion hindurch zu gehen und die zwei Meter Koppel zu durchqueren. Der Esel legt die Ohren an und senkt den Kopf. Der Hund hält sofort an. Ich rufe wieder. Der Hund bewegt sich. Der Esel legt die Ohren an. Der Hund bleibt stehen, schaut vom Esel zu mir und wieder zum Esel. Er ist in absoluter Panik. Ich rufe erneut: Komm schnell! Der Hund läuft los, der Esel legt die Ohren an und macht einen Schritt auf den Hund zu. Der Hund bleibt stehen und wifft in einen verzweifelten Welpenton.
Da weiß ich, so werden wir nie zueinandern kommen, der Hund und ich - die Koppel war viel zu breit. Ich gehe in die Koppel zurück und reden den Esel an, teile ihm mit, er solle sich nicht so zickig benehmen. Der Esel schaut mich an und spitzt die Ohren. Ich lege ihm die Hand an die Nüstern. Ich denke, nun ist er abgelenkt, das gibt dem Hund... Der Esel schaut zum Hund und legt die Ohren an, scharrt mit dem Huf.
Der Hund ist in Panik erstarrt und fiebt leise.
Ich breite meine Arme aus und bedeute dem Esel, sich zu entfernen. Der Esel schaut mich an, spitzt die Ohren und findet, dass ich ihn kraulen solle, was ich mache. Dann gebe ich ihm einen Klaps und versuche, ihn in die andere Richtung zu drehen. Langsam bewegt er sich zur Seite. Ich rufe wieder nach meinem Hund und trete selbst aus der Koppel heraus.
Der Hund nutzt die Gelegenheit, rennt wie von der Tarantel gestochen durch die Konstruktion und auf der anderen Seite heraus und springt voller Begeisterung an mir hoch.
Der Esel fühlt sich verarscht, dreht sich um, legt die Ohren an, senkt den Kopf, scharrt mit dem Huf - aber zu spät, der Feind hat das Terrain verlassen. Hund und ich zeigen dem Esel den Vogel. Der ist beleidigt und dreht ab. Das Spiel war schön, aber nun ist es vorbei.
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Versteckt im Wald, mitten auf einer Wiese |
Chapelle oubliée
Wir gehen am Zaun entlang, gelangen an ein kleine Brücke über ein Bächlein. Der Hund verschwindet sofort im Wasser und ist glücklich. Ich trete über die Holzplanken und bin auf eine Wiese. Und da steht sie, die Kapelle "Saint Thurien". Die vergessene Kapelle.
Es ist eines der Kirchlein, die ich bereits erwähnte. Vermutlich hat der Heilige Thurien oder auch Durien nach seiner Flucht vor den Sachsen die britische Insel verlassen und sich hier in diesem Hochtal, damals sicher noch völlig bewaldet, niedergelassen und in der Einsamkeit sein Leben gefristet. Der Platz strömt Spiritualität aus. Wer die Fähigkeit hat, das zu spüren - oder bereit ist, sich darauf einzulassen, fühlt das. Vermutlich hat auch Thurien das gefühlt und fand, hier könne er leben.
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Saint Thurien |
Ich bin keine Anhängerin esotherischer Theorien, aber meine Empathie zeigt mir, warum für die Alten diese Plätze spirituelle Bedeutung hatten. Was immer es ist, ob es Wasseradern, Erdstrahlen sind oder einfach nur die Schönheit des Geländes, der Blick, der Platz dieses Gefühl gibt, Tatsache ist: Man kann verstehen, dass sie für "heilig" gehalten wurden. Man fühlt, es geht eine Kraft von diesem Ort aus.
An der Schwelle des Westportals ist eine Jakobsmuschel eingraviert. Haben Jakobspilger hier ihre Zeichen hinterlassen? Oder freuten sich die Fischer über die reiche Ernte unten in der Bucht?
Der Weg führt nun wieder weiter steil hinauf. Nach einigen Metern auf der Höhe mit einem wunderschönen Blick über das Tal zum Meer geht es schließlich steil abwärts, hinunter zwischen Felsen. Teilweise wurden Holzbohlen in den Boden eingelassen, die als Stufen dienen. Und dann ist man wieder unten, zwischen den Weiden.
Im Tal weiden Ziegen und Kühe. Man trifft sie immer mal auf verschiedenen Weiden, denn natürlich müssen sie wechseln, wenn das Gras abgefressen ist. Die Kühe sind schwarz-weiß-gefleckt und massig, viel massiger als die schwarz-weiß-gefleckten Milchkühe, die Friesen, die man in Deutschland kennt. Es ist eine ur-bretonische Rasse. Es gibt einige Projekte in der Bretagne, die sich dem Naturschutz verschrieben haben und diesen mit den alten bretonischen Viehrassen betreiben. So werden Pferde, Rinder, Ziegen, Schafe, Hühner und anderes, mit denen einst die Landwirtschaft betrieben wurde, gerettet.
Der schmale Pfad windet sich jetzt dem Bächlein entlang, das Richtung Meer fließt. Wild wächst der Wald, ganz sich selbst überlassen. Ich liebe diesen Teil des Weges mit seinen knorrigen Bäumen, den vielen Farben, dem klaren Wasser in dem Flußbett mit den roten Steinen.
Noch einmal muss ich eine Koppel überqueren, die durch eine Holzkonstruktion gesichert ist. Hier muss man Balken heben und wieder ordentlich schließen, um die Tiere in der Koppel zu halten. Unten auf der saftigen Weide Richtung Meer sehe ich die Kühe. Der Weg führt an ihrer Koppel vorbei. Es sind viele, darunter viele Kälber. Eines scheint erst ein paar Tage alt zu sein.
Der Wald lichtet sich und ich sehe den Zugang zum Strand. Ich bin wieder am Anfang.
An der Schwelle des Westportals ist eine Jakobsmuschel eingraviert. Haben Jakobspilger hier ihre Zeichen hinterlassen? Oder freuten sich die Fischer über die reiche Ernte unten in der Bucht?
Der Weg führt nun wieder weiter steil hinauf. Nach einigen Metern auf der Höhe mit einem wunderschönen Blick über das Tal zum Meer geht es schließlich steil abwärts, hinunter zwischen Felsen. Teilweise wurden Holzbohlen in den Boden eingelassen, die als Stufen dienen. Und dann ist man wieder unten, zwischen den Weiden.
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Urbretonische Rasse |
Im Tal weiden Ziegen und Kühe. Man trifft sie immer mal auf verschiedenen Weiden, denn natürlich müssen sie wechseln, wenn das Gras abgefressen ist. Die Kühe sind schwarz-weiß-gefleckt und massig, viel massiger als die schwarz-weiß-gefleckten Milchkühe, die Friesen, die man in Deutschland kennt. Es ist eine ur-bretonische Rasse. Es gibt einige Projekte in der Bretagne, die sich dem Naturschutz verschrieben haben und diesen mit den alten bretonischen Viehrassen betreiben. So werden Pferde, Rinder, Ziegen, Schafe, Hühner und anderes, mit denen einst die Landwirtschaft betrieben wurde, gerettet.
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Am Bach vorbei durch den Wald |
Noch einmal muss ich eine Koppel überqueren, die durch eine Holzkonstruktion gesichert ist. Hier muss man Balken heben und wieder ordentlich schließen, um die Tiere in der Koppel zu halten. Unten auf der saftigen Weide Richtung Meer sehe ich die Kühe. Der Weg führt an ihrer Koppel vorbei. Es sind viele, darunter viele Kälber. Eines scheint erst ein paar Tage alt zu sein.
Der Wald lichtet sich und ich sehe den Zugang zum Strand. Ich bin wieder am Anfang.
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