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Das Archipel - in der Mitte die Île de Marquer |
Inseln finde ich grundsätzlich faszinierend. Die Inseln vor
der Bretagne haben ihren eigenen Zauber. Und auf manchen von ihnen stehen
Häuser, landwirtschaftliche Gehöfte, sogar eine Kapelle findet man.
Eine Gruppe solcher bewohnten Inseln befinden sich vor Port
Blanc und Buguélés.
Es ist anzunehmen, dass hier eine zusammenhängende Landmasse
existiert hatte, wie es allerdings oft in den flachen Buchten vor der Bretagne
der Fall ist. Beweise sind manchmal megalithische Stätten, die bei Flut im
Wasser versinken. Wir können davon auszugehen, dass die Errichter dieser Steine
keine nassen Füße bekamen, damals vor 4000 oder sogar 5000 Jahre.
Das Archipel
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Das Archipel aus Richtung Port Blanc, links Saint Gildas |
Hier an diesem Küstenabschnitt gibt es unzählige Inseln und
Steinhaufen. Der Boden dazwischen ist bei Ebbe begehbar, sogar mit dem Auto
kann man dort fahren. Die gesamte Anse de Gouermel, die Bucht zwischen den
beiden Weilern Buguélés und Port Blanc, ist bei Ebbe zu Fuß zu durchqueren.
Eine Frau, die ich einmal bei ihrem Ferienhaus in der Nähe
des Castel meur kennenlernte, erzählte mir, dass sie Wanderungen von dort bis
Port Blanc machen - quer über den Meeresboden. Sie müssten nur genau die Zeiten
einhalten und sich am Ziel nicht zu langen aufhalten, sonst könnten sie auf dem
Rückweg Probleme bekommen. Und außen herum auf dem Land ist das ein guter
Tagesmarsch, keine gute Idee, dazu gezwungen zu sein.
Bei einer dieser Wanderungen hatten sie und ihr Mann wohl auch
die Eigentümer der Enez Illiec kennengelernt. Offensichtlich hatten sie sich
nicht ganz an die Regeln der Inselgrenzen gehalten. Seien aber nette Leute,
meinte sie, diese Champagnerfabrikanten.
Die meisten der besiedelten Inselchen gehören zu Buguélés,
einem Ortsteil von Penvénan. Gegenüber des kleinen Hafens mit den
Fischerbooten befindet sich die Île Balanec und die kleine Île Ozac'h, dazwischen
befindet sich eine Moulin marée, eine Gezeitenmühle. Man wusste schon immer die
Kraft des Wassers zu nutzen.
Île de Marquer
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Gebäude auf der Île de Marquer |
Manche Inseln werden bewirtschaftet. Viehzucht, aber auch
Ackerwirtschaft werden dort betrieben. Auf den meisten wurde die
Bewirtschaftung jedoch aufgegeben. Realistisch gesehen kann es auch nicht
wirtschaftlich sein, diese Inseln heute noch zu bewirtschaften.
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Ebenfalls auf der Île de Marquer |
Doch meine Vermieterin erzählte mir, dass ihr Vater in den
vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, also während der deutschen
Besatzungszeit, auf Saint Gildas als Landarbeiter gearbeitet hatte.
Auf der Île de Marquer, die zweigeteilt ist, sieht man auf Google Earth auch heute
noch einen Acker. Die Insel liegt im Westen von Buguélés, an der kleinen Bucht,
die es von Port Blanc trennt. Auf dem winzigen Zipfel Festland, der hier ins
Meer vordringt, steht ein aktiver Bauernhof. Zur Insel hinüber sind es nur
wenige Meter. Anzunehmen, dass der Acker von dort aus bewirtschaftet wird. Über
die beiden Gebäude auf der Insel gibt es keine Informationen.
In der Bucht wird der Tang gesammelt und getrocknet. Der
Tang dient als Dünger, wird aber auch wie Algen allgemein von der
Kosmetikindustrie verwendet.
Privatinseln
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Felsen mit Seezeichen am Rand von Saint Gildas |
Doch schon damals um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20.
Jahrhundert hatten sich reiche Künstler, Schriftstelle, Maler, auch
Wissenschaftler auf den Inseln niedergelassen.
So gehörte Saint Gildas, die größte Insel des Archipels, in
den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts dem Nobelpreisträger für Medizin, Dr
Alex Carrel.
Über Dr. Alex Carrel fand ich Informationen - und wenn man
liest, dass er einen Posten im Gesundheitsministerium des Vichy-Regimes hatte
und einige Ansichten der Nazis vertrat, versteht man, warum die Universität von
Lyon 1994 ihren Namen änderte. Mehr muss man nicht auf seine Person eingehen, das würde den Zauber der Insel stören. Er hatte den Nobelpreis bereits 1912 erhalten.
Lassen wir ihn ihm.
Enez Illiec
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Enez Illiec mit dem Lindbergh-Haus |
Carrel war Freund, Mentor und Mitarbeiter von Charles
Lindbergh, dem Flieger. Als Charles und Anne Lindbergh die Carrels auf ihrer
Insel besuchten, waren sie - wen wundert es - fasziniert von der Atmosphäre,
dem Land, dem Meer und den Felsen. Sie entschieden sich, das Haus auf der Enez
Illiec zu kaufen. „Enez“ ist das bretonische Wort für „Insel“. Dieses Haus war
1876 vom Musiker und Komponisten Ambrose Thomas, der die Oper 'Mignon'
komponiert hatte, gebaut worden.
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Enez Illiec bei Ebbe |
Die Lindberghs wohnten nur von 1936 bis 1939 auf der Insel. In
der Zeit pflanzten sie 500 Zypressen und 500 Pinien. Dank dieser Aktion ist das
Inselchen auch heute noch bewaldet. Das Haus hat einen kleinen Turm auf der
einen und eine Kapelle auf der anderen Seite. Lindberghfans – Fans der frühen
Fliegerei – pilgern heute noch hierher und werden durch die großen Schilder,
die das Betreten der Insel untersagen, abrupt gestoppt. Ich bin sicher, nicht
jeder lässt sich davon abhalten, die Insel zu betreten, wenn das Haus
geschlossen ist.
Nachdem ich schon auf dem Contentin den „Lindbergh Plage“
(in der Nähe von Portbail, südlich von Cherbourg) entdeckt hatte, fand ich es
nun schon interessant, hier das Haus zu finden. Die Lindberghs lebten nur diese
drei Jahre hier, dann wurde die Situation in Europa zu unruhig, und sie kehrten
in die USA zurück.
Heute gehört diese Insel der Champagner-Familie Heidsieck.
Saint Gildas
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Der Weiler auf Saint Gildas mit dem Seezeichen |
Ein besonderes Spektakel findet dort jährlich im Juni statt: Der Pardon der Pferde.
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Das Seezeichen zeigt die Ecke zum Hafen von Port Blanc an |
Pardons sind die Wallfahrten, die jedes Jahr für jeden
einzelnen der vielen bretonischen Heiligen stattfinden. Meist werden in den
jeweiligen Orten Statuen dieser Heiligen unter Absingen frommer Lieder und dem
Verteilen von Weihrauch und -wasser herumgetragen. Und es wird gefeiert.
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Die Kapelle auf Saint Gildas |
Hier auf Saint Gildas ist es ein Pardon der Pferde. Es wird
seit dem 18. Jahrhundert durchgeführt. Es geht die Geschichte, dass vor sehr
langer Zeit - in den dunklen Zeiten - alle Pferde des Kontinents durch eine
schreckliche Krankheit fast ausgerottet wurden. Nur die Pferde auf der Insel
überlebten, weil Saint Gildas sie geschützt hatte. Schön, dass Heilige immer so
angenehme Wunder verbringen.
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Gebäude auf Saint Gildas |
Hier ist eine nette PDF-Doumentation mit vielen Fotos von
diesem Ereignis: Pardon der Pferde